3D-VISUALISIERUNG: VIRTUELLES TRAINING VR & AR

Workshop 3: Die neue Dimension des Lernens in der Produktentwicklung

und Produktion

Auch wenn „Digitale Transformation" und „Industrie 4.0“ als Begriffe überstrapaziert werden, sie sind Quelle sprudelnder Veränderung und erfordern kontinuierlich neue Kompetenzen von Mitarbeitenden. Unternehmen wenden neue Prozesse sowie Methoden an und setzen neue Tools ein, um Produktlebenszyklen zu verkürzen, Innovationen zu beschleunigen und eine bessere Datendurchgängigkeit zu erzielen. Fähigkeiten, die gestern noch gefragt waren, reichen heute nicht mehr aus. Mitarbeitende müssen mental bereit und fachlich fit gemacht werden.

3D-Visualisierungen bilden die Brücke, komplexe Inhalte, die wir in Industrie 4.0 vorfinden, verständlich und einprägsam darzustellen. Sie erschließen neue, kreative Möglichkeiten für Training, Aus- und Fortbildung, auch in der Produktentwicklung und Produktion. Werden 3D-Visualisierungen in XR-Anwendungen integriert, lernen die Mitarbeitenden in einer immersiven und sicheren virtuellen Umgebung. Sie dürfen Fehler machen und aus ihnen lernen, ohne dass Kosten verursacht werden und ohne, dass sie Schaden nehmen. Die modernen Anwendungen bieten eine der größten Möglichkeiten der letzten Jahre, das Training von Mitarbeitenden auf ein neues Level zu heben.

Ermöglicht wird dies, indem den Mitarbeitenden ein einfacher Zugang zu effektiven XR-gestützten Trainingseinheiten eingerichtet wird. Mit wenigen Klicks gelangen die Mitarbeitenden zur Anwendung und tauchen in äußerst realistische Szenarien ein, in denen sie durch praktisches Tun lernen können. Das ist ein entscheidender Vorteil insbesondere für Situationen, die im realen Leben schwer oder gar nicht nachgestellt werden können.

Anstatt aufwendige und teure Trainingszentren oder -flächen zu bauen, finden Schulungen im virtuellen Raum statt. Die Mitarbeitenden werden entkoppelt vom Fertigungstakt geschult, ohne dass sie sich physisch in einem Trainingszentrum befinden. Beim Training on the Job werden die Mitarbeitenden mithilfe von XR-Anwendungen Schritt für Schritt durch reale Arbeitsabläufe geführt, effizient und sicher.

In der Industrie gelten die XR-Anwendungen seit Jahren als wichtige Technologie. Die Möglichkeiten für deren Einsatz zu Trainingszwecken ist nahezu unbegrenzt. Use Cases sind während und am Ende des Produktentwicklungsprozesses realisierbar und werden von der Industrie erfolgreich genutzt. Die Produktentwicklung wird durch das Training unterstützt und effizient gestaltet.

Abbildung: 3D-Visualisierungen:Trainings-Use-Cases in der Produktentwicklung

Die Lernpyramide der National Training Laboratories (USA) zeigt, dass der Lernerfolg durch interaktives, simuliertes Ausüben der Tätigkeit im Vergleich zu anderen Lernmethoden deutlich wirkungsvoller ist. Die modernen Lernmethoden sprechen mehrere Sinne an. Das Erlebte prägt sich leichter ein.

Abbildung in Anlehnung an Lernpyramide der National Training Laboratories, USA

Einsatz immersiver Technologien zu Trainingszwecken im Umfeld von Industrie 4.0

Die Basis jeder XR-Anwendung bildet ein einwandfreier Datenversorgungprozess. Die Trainingsapplikationen werden so entwickelt, dass die Vielzahl der existierenden Daten durch das Entwicklungsteam auf das notwendige Maß reduziert, auf die Anwendung bezogene Filtermöglichkeiten implementiert und die Daten automatisiert aufbereitet werden. Die Anwender sehen die für die jeweilige Aufgabe relevanten Daten visuell aufbereitet. Sachverhalte werden verständlich dargestellt. Intuitiv bedienbare Anwendungen erleichtern die Aufgabenerfüllung.

Nachfolgend geben wir Ihnen einen Einblick in die spannende Welt der XR-Trainings. Sie erfahren, wie wir von Feynsinn die Möglichkeiten der Game Engines Unreal und Unity nutzen, um die Grenzen der Trainingsmöglichkeiten zu erweitern.

Use Case VR-Paintshop

Mit dem VR-Paintshop üben Handlackierer manuelles Applizieren ohne Einsatz echter Materialien. In einer virtuellen Lackiererei trainieren die Lackierer mit einer echten Lackierpistole den Lackierprozess, sodass sie nach kurzer Einarbeitungszeit reale Werkstücke in hoher Qualität beschichten können. Material und Kosten werden gespart und die Umwelt geschont.

Feynsinn hat den VR-Paintshop auf Basis der Game Engine Unity entwickelt. Der Einsatz einer handelsüblichen Handlackierpistole ist das wichtigste Zubehör. Sie sorgt für das realistische Lackiergefühl. Oben auf dem Farbbecher ist der Sensor angebracht, der die Position der Lackierpistole im Raum erfasst. Damit der Lackierer beim Bewegen der Pistole spürt, wie der Lack im Becher hin und her fließt, befindet sich im mittleren Teil des Farbbechers Platz zum Einfüllen einer Flüssigkeit. Im unteren Teil des Farbbechers ist die Controllersteuerplatine platziert.

Für die Simulation der Sprühstärke haben wir am Abzug der Lackierpistole einen Drehpotentiometer installiert, der über ein Kabel mit der Steuerplatine verbunden ist. Dieser reguliert wie beim echten Lackieren den Farbauftrag. Am unteren Ende der Applikationspistole ist ein Druckluftschlauch angeschlossen, der die praxisnahe Lackierausstattung vervollständigt und für ein noch realistischeres Erlebnis sorgt.

Setzt der Anwender die VR-Brille auf, sieht er die virtuelle Lackierkabine. Aus einem Menü kann der Anwender die gewünschte Anwendung auswählen. Über die digitalen Lackierparameter stellt er den Spritzstrahl, die Materialmenge und den maximalen Luftdurchfluss ein. Zieht der Anwender den Abzug an der Lackierpistole, strömt virtueller Lack samt Lacknebel aus der virtuellen Pistole und die Beschichtung kann beginnen. In Echtzeit erhält der Anwender Informationen zu Lackdicke, Sprühwinkel und Geschwindigkeit angezeigt. Ein Distanzstrahl zeigt ihm an, ob der Abstand zwischen dem Werkstück und Pistole korrekt ist. Über ein Auswahlmenü kann er Informationen zur Lackabdeckung, Lackverbrauch, Pistolenhandling, Lackiergeschwindigkeit oder Abweichungen vom optimalen Lackierablauf abrufen. Um das Engagement der Anwender zu fördern, existiert im VR-Trainingstool zudem ein Challenge-Modus. Die Anwender können in Wettkämpfen gegen Kollegen antreten.

Den VR-Paintshop haben wir gemeinsam mit unserem Kunden BMW entwickelt. Inzwischen vertreibt Feynsinn die Anwendung weltweit als Produkt, auch für den Mittelstand.

Framework für immersives Training in der Produktentwicklung

Wie oben beschrieben, bildet der Datenversorgungsprozess die Basis für alle Trainingsapplikationen. Tools wie Pixyz oder Instalod bereiten die Rohdaten automatisiert auf. Nach vordefinierten Vorgaben werden sie in einer Datenbank abgelegt. Anschließend werden die Daten in die Game Engine Unity oder Unreal überführt, die gewünschte XR-Anwendung erstellt und auf dem gewünschten Device dargestellt.

Abbildung: Feynsinns Datenversorgungsprozess für XR-Anwendungen

Für die Gestaltung von XR-Trainings haben wir ein Framework entwickelt, mit dem ein Visualisierungsartist ohne tiefgreifendes Entwicklungs-Know-how nach der Integration der Daten in eine Game Engine eine Trainingsanwendung erstellen kann. Das Framework erlaubt den Anwendern, die intuitiv bedienbare Applikation auf Desktop, Smartphone, Tablet oder in einer VR/AR-Brille darzustellen.

Heute wird dieses Framework u. a. für eine Trainingsanwendung eines namhaften OEMs für die Batteriefertigung genutzt. Die Trainingsapplikation veranschaulicht dem Monteur, wie die Batteriemodule in einem Fahrzeug aufgebaut werden. Sie leitet den Anwender durch den Prozess, zeigt, wo welche Batteriemodule benötigt, wie und wo diese verschraubt werden und wie Kabel zu legen sind. Der Monteur kann die Anleitung auf einem Desktop ansehen oder auf einen Laptop herunterladen und diese im Raum mit den realen Modulen betrachten. Wird eine AR-Anwendung integriert, kann der Werker die Montageanleitung über eine AR-Brille sehen und im virtuellen Raum die Montage virtuell trainieren. Der Monteur kann flexibel entscheiden, wo er das Training absolviert. Er ist nicht ortsgebunden.

Trainingsapplikationen mit realen Maschinendaten verbinden

Für einen Kunden, der eine komplette Roboter-Anlage neu konzipierte und zahlreiche Mitarbeitende trainieren musste, haben wir die Anwendung RoboControl entwickelt. Das ist eine Trainingsanwendung zur Bedienung und Steuerung von Robotern, die reale Maschinendaten in die Trainingsanwendung integriert. Der Anwender hat eine Robotersteuerung in der Hand, trägt eine AR-Brille und kann die programmierten Roboterläufe im Detail in der virtuellen Umgebung sehen und erfahren. Die AR-Brille erlaubt es, interaktive 3D-Elemente und Informationen zu streamen. Die Anwender trainieren realitätsnah die Steuerung, Bedienung und Programmierung.

Früher wurden die Anwender auf speziell hergerichteten Flächen im Trainingszentrum qualifiziert. Die Vorbereitung dafür war jedes Mail ein erheblicher Aufwand. Mit der MR-Anwendung sind ortsgebundene Trainingszentren mit realen Robotereinheiten weniger oder gar nicht mehr notwendig.

Video zur XR-Anwendung RoboControl zur Bedienung und Steuerung von Robotern

Das Framework RoboXR ermöglicht , Bewegungspfade der Roboter virtuell in die reale Umgebung zu projizieren und die Sicherheitszonen der Roboter zu prüfen. Bislang unsichtbare Sicherheitsbereiche von Roboterzellen und ganzen Fertigungsstraßen werden angezeigt. Selbst Laien können erkennen, wenn der Roboter mit einem Hallenträger kollidiert oder wenn Vorrichtungen oder Werkstücke nicht wie in der Offlineprogrammierung positioniert sind.

Sicherheitsbereiche werden mithilfe einer AR-Brille dem Anwender virtuell über die realen Gegebenheiten eingeblendet. Bewegungsbahnen können effizient optimiert werden. Bei der Verprobung der Robo-Safety-Zones-Anwendung durch unsere Kollegen der EDAG PS (Kollegen, die Sicherheitsabnahmen durchführen), zeigte sich eine Effizienzsteigerung von ca. 35 % gegenüber konventioneller Herangehensweise.

Weitere Informationen zur Anwendung finden Sie im Blogartikel „Nutzen Sie die AR-Brille für das Begehen von Safety Zones in Ihrer Smart Factory durch den RoboXR.“

Video zur XR-Anwendung Robo Safety Zones für mehr Sicherheit

Wartung & Instandhaltung

Insbesondere für Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten eignen sich AR-Applikationen, die die Anwender sicher und schnell Schritt für Schritt durch die Aufgaben führen (Training on the Job) und Zusatzinformationen über die AR-Brille einblenden. So lässt sich z. B. eine Funktion integrieren, die die Arbeitsschritte kontrolliert oder die Informationen des Technikers über Sprachnachricht aufnimmt. Ist die Anwendung im Systemverbund integriert, werden die Ergebnisse automatisch in das System zurückgespielt. Separat verfasste Wartungsberichte entfallen. Ein umfassendes Handbuch, dass den Techniker durch die Wartung führt, wird nicht länger benötigt.

Eine solche Anwendung haben wir für die Wartung von Pressen eines namhaften OEM entwickelt. Der Hersteller verfügt über unterschiedliche Generationen von Pressen. Durch das Einscannen eines Barcodes erkennt das System, an welcher Presse sich der Wartungstechniker befindet und leitet ihn über das Display der Brille durch den Wartungsprozess der jeweiligen Maschine. Aus dem Blickwinkel des Wartungstechnikers erscheint die Projektion der Bedienungsanleitung über der realen Maschine. Die Wartungen der Pressen können selbstständig und fehlerfrei durchgeführt werden. Mitarbeiter, die ähnliche Wartungen durchführen, können mithilfe der XR-Anwendung sehr schnell an neue Maschinen herangeführt werden.

Qualitätssicherung / -prüfung

XR-Anwendungen erlauben es Qualitätsauditoren, Abweichungen und Fehler an einem Bauteil einfach und zuverlässig zu dokumentieren. Der Auditor hält zu diesem Zweck beispielsweise ein Tablet über das Bauteil und erhält Hinweise, welche Prüfpunkte zu prüfen sind. Abweichungen dokumentiert der Qualitätsauditor über eine dreidimensionale Verortung in der im System hinterlegten 3D-Gemometrie. Dadurch wird ein rasches Wiederfinden der fehlerhaften Positionen ermöglicht. Die Applikation kann direkt in das IT-System in der Produktion integriert werden.

Abbildung: Fahrzeugprotokoll

Detailliertere Informationen zu den Praxisbeispielen erläutern wir in der Aufzeichnung zum Workshop „3D-Visu: Virtuelles Training VR & AR“, das unser Kollege Jan Berner gemeinsam mit unserem Partner encad Consulting durchgeführt hat.

Sie möchten XR-Trainingsanwendungen in Ihrem Unternehmen einführen und sind noch unsicher? Sprechen Sie uns an. Lassen Sie uns gemeinsam diskutieren, in welchen Bereichen die modernen Anwendungen in Ihrem Unternehmen sinnvoll eingesetzt werden können. Wir sind davon überzeugt, dass XR-Trainingsanwendungen in Zukunft unser Leben an vielen Stellen bereichern wird.

Workshop 3: 3D-Visu I Virtuelles Training
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Blogartikel

08.04.2022

Lesedauer: 2:45 min

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Jan Berner

Leiter Technik & Prozesse